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Prof. Dr. Georg Schnitter
• 2019
Verfassungsmäßigkeit der Verzinsung / Vorläufige Zinsfestsetzung / Erstattungszinsen / Säumniszuschläge / § 238 AO / 233a AO / § 236 AO / 240 AO
Nach dem BMF-Schreiben v. 2.5.2019, BStBl I 2019, 448 ergehen Zinsfestsetzungen vor dem Hintergrund der beim BVerfG anhängigen Verfahren (1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17) vorläufig. Nach Abschluss der Verfahren erfolgt dann, soweit erforderlich, eine Änderung der Zinsfestsetzung von Amts wegen. Zu beachten ist, dass das genannte BMF-Schreiben keine Bindungswirkung gegenüber den Gemeinden hat. Die Vorläufigkeit der Zinsfestsetzung steht der eingetretenen Zahlungsverpflichtung nicht entgegen. Soll diese verhindert werden, muss Einspruch eingelegt und Aussetzung der Vollziehung beantragt werden. Nach Auffassung der FinVerw hat auch bei Erstattungszinsen nach §§ 233a, 236 AO insoweit eine vorläufige Steuerfestsetzung zu erfolgen. Dies dürfte nicht zulässig - zumindest aber ermessensfehlerhaft - sein. Im Hinblick auf die Vertrauensschutzregelung in § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO dürfte eine spätere Änderung der Zinsfestsetzung, egal wie das BVerfG entscheidet, ausgeschlossen sein. Es sollte gegen entsprechende Zinsfestsetzungen Einspruch eingelegt werden, um insoweit eine endgültige Steuerfestsetzung zu erreichen. Ansonsten dürfte es möglich sein, jederzeit – also auch bei einer bestandskräftigen vorläufigen Festsetzung von Erstattungszinsen - die Endgültigkeitserklärung zu begehren, da eine Ungewissheit i. S. v. § 165 AO nicht besteht. Da auch in Säumniszuschlägen ein Zinsanteil enthalten ist, sollte im Hinblick auch die Möglichkeit der Verfassungswidrigkeit des Zinssatzes ein Teilerlass nach § 227 AO beantragt werden. Gegen einen ablehnenden Bescheid käme dann der Einspruch in Betracht, der dann im Hinblick auf die beim BVerfG anhängigen Verfahren ruhen könnte.
(so Bergan/Martin, Vorläufige Festsetzung von Zinsen nach § 233 i.V.m. mit § 238 Abs. 1 Satz 1 AO – Anmerkungen zum BMF-Schreiben v. 2.5.2019, NWB 2019, 2230)
Verfassungsmäßigkeit der Verzinsung / Vorläufige Festsetzung von Erstattungszinsen / Vertrauensschutz / § 238 AO / 176 AO
Nach dem BMF-Schreiben v. 2.5.2019, BStBl I 2019, 448 ergehen Zinsfestsetzungen vor dem Hintergrund der beim BVerfG anhängigen Verfahren (1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17) vorläufig. Dies gilt auch hinsichtlich der Erstattungszinsen. Die FinVerw vertritt insoweit die Auffassung, dass abhängig von der Entscheidung des BVerfG unter Umständen auch eine Aufhebung oder Änderung hinsichtlich der Erstattungszinsen zulasten des Stpfl. möglich ist. Der Auffassung der FinVerw dürfte im Hinblick auf die Vertrauensschutzregelung in § 176 AO nicht zu folgen sein. Danach kann der Stpfl. mit formeller Bestandskraft des Zinsbescheids auf die Erstattungszinsen vertrauen. Vor diesem Hintergrund sollten Erstattungsfälle beschleunigt bearbeitet werden. Bei Verzögerungen seitens der FinVerw sollten Untätigkeitseinsprüche eingelegt und gegebenenfalls Vertrauensschutz nach Treu und Glauben geltend gemacht werden. Fraglich ist auch, ob die Vorläufigkeit selbst angefochten werden kann. Dies dürfte – entgegen der Auffassung des FG Münster in seiner Entscheidung v. 14.9.2006, 3 K 4376/04 Erb – zu bejahen sein.
(so L´habitant, Vertrauensschutz bei vorläufiger Festsetzung von Erstattungszinsen? – Finanzverwaltung hält Änderung zulasten des Steuerpflichtigen für möglich, NWB 2019, 2283)
Verzinsung von Realsteuern/Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Zinshöhe/§ 238 AO
Es bestehen erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit hinsichtlich der Höhe der steuerlichen Nachzahlungs- und Erstattungszinsen. Anhängig insoweit sind beim BVerfG zwei Verfassungsbeschwerden (1 BvR 2237/14; 1 BvR 2422/17). Auf der Ebene der FinVerw werden die Zinsfestsetzungen wegen der Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit offengehalten (BMF v. 2.5.2019, BStBl I 2019, 448). Demgegenüber verhalten sich die Gemeinden, für die das genannte BMF-Schreiben nicht verbindlich ist, hinsichtlich der Zinsfestsetzungen zu Realsteuern unterschiedlich. Die Gemeinden setzen die Zinsen teils vorläufig und teils endgültig fest. Andere wiederum setzen Erstattungszinsen vorläufig und Nachzahlungszinsen endgültig fest. Soweit die vorläufige Zinsfestsetzung von den Gemeinden abgelehnt wird, berufen sich diese auch zwei Entscheidungen des OVG Nordrhein-Westfalen, die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangen sind (OVG NW v. 25.10.2018, 14 B 1366/18; OVG v. 25.2.2019, 14 B 1759/18). Darin wird die Verfassungsmäßigkeit der Zinshöhe unter Hinweis auf die Renditen, die Selbständige und Unternehmen erzielen können, wenn sie vorhandenes Kapital in die eigene selbständige Tätigkeit oder in das eigene Unternehmen investieren, bejaht. Dieser Auffassung dürfte nicht zu folgen sein, da der Stpfl. über die entsprechenden Beträge nicht zeitlich unbegrenzt verfügen kann. Die von Zinsfestsetzungen Betroffenen sollten daher auch auf kommunaler Ebene insoweit - jedenfalls für Verzinsungszeiträume ab 2012 - die entsprechenden Bes...
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